(aus factum, Juli 2012)
Pfarrer Gottfried Martens tauft Perser
in der Osternacht in Berlin
Persische Muslime sehen Jesus
im Traum und
lassen sich zu
Tausenden taufen
Diakonisse Rosemarie Götz
tauft Perserin in Berlin
UWE SIEMON-NETTO
Kaum ein anderer Vers des Alten Testaments stimmt mich so vergnügt
wie dieser Satz aus Psalm 2,4: «Aber der im Himmel wohnet lachet ihrer.»
Darauf bezog sich Bischof Jobst Schöne, der frühere Hirte der Selbständigen
Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Deutschland, als wir uns über die
österliche Taufe von acht ehemaligen Muslimen in einer Berliner Gemeinde
unterhielten: «Gott muss sich ins Fäustchen gefeixt haben.»
Was war daran so ergötzlich? Nun dies: Da berichteten die Medien
aufgeregt über die missionarische Grossoffensive radikaler Muslime im
«verheideten» Deutschland; ausgerechnet in der Karwoche verteilten sie den
Koran in 300.000 Exemplaren an Strassenecken und kündigten an, die deutsche
Übersetzung ihres heiligen Buches in einer Auflage von über 25 Millionen
drucken zu lassen.
Aber siehe, just zu diesem Zeitpunkt schwappte eine Welle von
Bekehrungen persischer Asylbewerber übers Land, und zwar nicht nur in der
lutherischen St. Marienkirche in Berlin-Zehlendorf, wo der Ruheständler Schöne
als Prediger und Liturg aushilft, sondern auch in baptistischen, reformierten
und katholischen Gotteshäusern.
Wenn Marien-Pfarrer Gottfried Martens eines Beweises für seine These
bedurfte, dass sich hier Gottes Sinn für Ironie bestätige, so sei dieser
Kontakt-zwilling genannt: Im fernen Persien und in deutschen Flüchtlingslagern,
in arabischen Wüsten wie im Hindukusch, träumen Mohammedaner von Jesus, und als
Nächstes lesen sie die fast 500 Jahre alte Lutherbibel und lernen den Gott der
Christenheit kennen, der sich von Allah sehr unterscheidet.
Idea-Redakteur Matthias Pankau schilderte das Ereignis in der
Marienkirche kürzlich als ein Ereignis höchster Symbolkraft. Es begann im Dunkeln.
Nur Kerzen verliehen dem sakralen Raum ein schummriges Licht. Dann, gleich nach
Mitternacht, intonierte Gottfried Martens vom Altar: «Ehre sei Gott in der
Höhe»; jetzt jubelte die Orgel auf, und die Gemeinde stimmte die «grosse
Doxologie» an: «Wir loben dich, wir benedeien dich, wir beten dich an.» Es
wurde hell in der Kirche, hell wie der Sieg Christi über Tod und Teufel.
Für sechs junge Männer und eine Frau in der ersten Reihe war dies
ein Augenblick von persönlicher Brisanz, denn jetzt begaben sie sich ihrem Heil
zuliebe in Lebensgefahr: Sie liessen sich taufen und darauf steht nach
islamischem Recht die Todesstrafe. In Teheran, das wusste jeder, wartete zu
dieser Stunde der Pastor Yusuf Nadarkhani, ein ehemaliger Moslem, auf den
Galgen. Auch unter den Täuflingen in St. Marien waren solche, die verfolgt und
gefoltert wurden, bevor sie nach Deutschland flohen, wo 150.000 Perser leben,
mehr als in irgendeinem anderen westeuropäischen Land.
«Für uns Christen in Deutschland ist kaum vorstellbar, was diese
Menschen auf sich nehmen, um ihren christlichen Glauben frei leben zu können»,
berichtet Marien-Pfarrer Gottfried Martens, dessen Kirche zur Zeit erfährt, was
Martin Luther einen «Platzregen des Heiligen Geistes» nannte. Während das
restliche Berlin wie eine geistliche Wüste wirkt, schwoll Martens’ Gemeinde in
den letzten 20 Jahren von 200 auf über 900 Glieder an. Dazu gehören seit fünf
Jahren immer mehr Konvertiten aus dem Iran. In der Osternacht 2011 taufte
Martens zehn Ex-Muslime, im nächsten und übernächsten Jahr werden es ebenso
viele sein, und auch in der Zwischenzeit sind etliche Taufen geplant.
«Gott hat ausgerechnet das östliche Deutschland, eine der
gottlosesten Regionen der Welt, zum Schauplatz einer Erweckung unter Persern
erwählt», fügte Martens in einem telefonischen Interview mit factum hinzu. Nach
einer Studie der Universität von Chicago sind noch 13 Prozent der Menschen in
den neuen Bundesländern gläubig.
Aber die Taufen in der Marienkirche sind nur ein Stein in einem
Glaubensmosaik, das sich über ganz Deutschland erstreckt und keine
konfessionellen Grenzen kennt. Einige Geistliche, die für diesen Artikel
interviewt wurden, sprachen von einem Bühnenstück aus göttlicher Feder, und
zwar einem, in dem Jesus-Visionen vieler Muslime ihren festen Platz haben.
Diese folgen einem Muster, das sich mit den Berichten von Konvertiten in der
ganzen islamischen Welt deckt. Ihnen erschien im Traum eine Lichtgestalt, die
manchmal die Gesichtszüge Christi trägt, manchmal auch nicht; in jedem Fall
wussten die Träumer hernach genau, wen sie gesehen hatten: nicht den «Isa» des
Korans, sondern den Jesus der Bibel. Dieser Jesus schickt sie zu spezifischen
Pfarrern, Gemeinden oder Hauskirchen, in denen sie das Evangelium hören.
Thomas Schirrmacher, der Vorsitzende der Theologischen Kommission
der Weltweiten Evangelischen Allianz, sagt dazu: «Gott bestätigt hier also die
reformatorische Lehre, dass der Glauben durch Schrift und Predigt vermittelt
wird. In diesen Träumen veranstaltet Jesus ja keinen Hokuspokus, sondern
verweist diese Menschen an die richtige Adresse, wo sie das unverfälschte Wort
erreicht.» Aus genau diesem Grund hält auch Pfarrer Martens diese Berichte für
glaubwürdig: «Als Lutheraner neigt man ja nun wirklich nicht zu Schwärmereien.»
Nach Ostern meldeten sich andere Gemeinden mit ähnlichen
Geschichten. Im «Haus Gotteshilfe» der Landeskirchlichen Gemeinschaft in
Berlin-Neukölln, hatte die Diakonisse Rosemarie Götz an jenem Ostertag 16
Perser getauft und damit ihre Gemeinde schlagartig verdoppelt. «Diese Iraner
brachten 50 weitere mit, die wir jetzt im christlichen Glauben unterweisen; im
August werden wir acht bis zehn von ihnen taufen», sagte Schwester Rosemarie.
Ihr Kontakt zu den Persern hatte vor 19 Jahren begonnen. Eine
Sozialarbeiterin aus dem weltlichen Milieu führteNadereh Majdpour zu ihr. Frau
Majdpour war in ihrer Heimat inhaftiert und so gefoltert worden, dass sie ihr
gesamtes Kopfhaar verlor. Ihr «Delikt» war, öffentlich erklärt zu haben, dass
sie Christus mehr liebe als Mohammed. Sie führte Schwester Rosemarie weitere
Landsleute zu und dolmetscht für sie.
Zwei Wochen nach Ostern taufte der Pastor der baptistischen
Friedenskirche im Berliner Stadtbezirk Charlottenburg vier weitere Perser.
Unterdessen bereitete in der reformierten Bethlehemkirche, ganz in Schwester
Rosemaries Nähe, der aus dem Iran stammende Presbyterianerpfarrer Sadegh
Sepehri grössere Gruppen von ehemaligen Muslimen auf die Taufe vor. Sepehri
leitet eine Gemeinde von 150 Iranern und sagte, dass er in seinen 20 Jahren in
Berlin bereits 500 getauft habe. Dann machte er auf einen amerikanischen
Kollegen in Süddeutschland aufmerksam, bei dem sich viermal so viele Muslime
taufen liessen.
Dieser Pastor ist Mark A. Bachman, Gründer der freien
baptistischen «Wort Gottes Gemeinde» in Nürnberg. Er ist seit zwei Jahren
wieder in den USA, wo er am Hyles-Anderson College im Bundesstaat Indiana
Missionare für den Einsatz in islamischen Ländern ausbildet. In einem
Telefoninterview sagte Bachman, dass die meisten der 2.000 Ex-Muslime, die er in
seinen 23 Jahren in Nürnberg getauft habe, Perser gewesen seien. Viele von
ihnen berichteten, sie hätten Christus im Traum gesehen.
Aus Nürnbergs Hinterland kam derweil die Kunde, dass das
Konversionsphänomen auch die tiefste Provinz erreicht hatte. In einer
ländlichen lutherischen Gemeinde reichte ein Abendmahlshelfer mehreren
dunkelhäutigen Kommunikanten, die ganz offensichtlich keine Franken waren, den
Kelch. «Wer war denn das?» fragte er hernach seinen Pfarrer. «Ach», antwortete
dieser, «das war wieder einmal eine persische Familie, die sich zum Christentum
bekehrt hat.»
Dann meldete die «Westdeutsche Allgemeine Zeitung» aus Mülheim an
der Ruhr, dass dort der BaptistenpastorHelmut Venzke zu Ostern 13 Iraner im
Taufbecken seiner Kirche untergetaucht habe. «Dies geschieht in vielen Teilen
Deutschlands», sagte Pastor Venzke gegenüber factum. «Es passiert überall dort,
wo grössere Gruppen von Persern leben.»
Baptistenpastor Helmut Venzke
tauft Perser in Mülheim an der Ruhr
Im März
meldete der Norddeutsche Rundfunk, dass jährlich etwa 500 Perser und Afghanen
zum christlichen Glauben übertreten. Dazu bemerkt Max Klingberg von der
Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt: «Hier
geschieht zweifellos etwas Bedeutendes, aber als geschulter Wissenschaftler
ziehe ich es vor, mit Zahlen vorsichtig umzugehen.» Prof. Thomas Schirrmacher
ist sich sicher: «In Wahrheit konvertieren jährlich tausend, vielleicht sogar
tausende.»
«Präzise Daten lassen sich deshalb nicht ermitteln, weil die
Landeskirchen und auch die katholische Kirche sie nicht bekanntgeben; sie
befürchten, durch Mission den interreligiösen Dialog mit dem Islam zu stören»,
fuhr Schirrmacher fort.
Dazu passt die Aussage der Diakonisse Rosemarie Götz in Berlin,
dass sie von der Pfarrerin der evangelischen Ortsgemeinde und auch der Superintendentin
gemieden werde. «Die Pfarrerin hat uns noch nicht ein einziges Mal besucht.»
So kommt es, dass laut Schirrmacher vorwiegend Freikirchen
frohgemut über Bekehrungen berichten. «Wir wissen, dass auch bibel- und
bekenntnistreue Pfarrer der Landeskirchen ehemalige Muslime taufen, erfahren
aber keine Statistiken», sagte Schirrmacher weiter. Kirchenrat Albrecht Hauser,
ein langjähriger Missionar aus Stuttgart, fügt hinzu: «Uns ist bekannt, dass
treue katholische Priester dies ebenfalls tun.» Aber auch die Katholische
Kirche zögere aus Rücksicht auf den interreligiösen Austausch, konkrete Angaben
zu machen, ergänzt Schirrmacher.
Soviel scheint jedoch festzustehen: In Deutschland werden mehr
ehemalige Muslime Christen als umgekehrt. Schirrmacher verwies dazu auf einen
Bericht des Zentralinstituts Islam-Archiv Deutschland in Soest, wonach 2010
rund 500 Deutsche zum Islam übergetreten seien. Dabei handele es sich nach den
Angaben des Instituts allerdings vorwiegend um die deutschen Ehefrauen
muslimischer Einwanderer und um nominelle Christen, die sich von der Konversion
Geschäftsvorteile in islamischen Ländern versprächen. Die Übertritte der Perser
zum christlichen Glauben hätten demgegenüber eine ganz andere Qualität, zumal
ihnen ein langer Taufunterricht vorangehe.
In Pfarrer Martens’ Mariengemeinde dauert dieser Unterricht vier
oder mehr Monate. Die Taufanwärter müssen die Bibel und das Glaubensbekenntnis
studieren, auch Luthers Kleinen Katechismus, die Liturgie und das evangelische
Liedgut. «Besonders die Liturgie fasziniert sie, weil sie in ihrem früheren
Glauben völlig fehlte», sagte Martens. In vielen Gemeinden müssen die
Kandidaten schriftliche und mündliche Examen ablegen und am Taufstein dem Islam
abschwören.
«Im Taufunterricht erläutern wir den Unterschied zwischen dem Gott
der Christenheit und dem Allah des Islams», betonte Schwester Rosemarie im
Einklang mit den interviewten Geistlichen. Ein schöner Vergleich stammt von dem
lutherischen Pastor Wilfried Kahla aus Hannover, der in seiner langen Missionarslaufbahn
600 Perser getauft hat, darunter einen Mullah, einen iranischen
Polizeipräsidenten und einen Nachfahren Mohammeds. Kahla pflegte zu sagen: «Der
Islam ist wie eine Strickleiter, mit der man versucht, zu Gott zu kommen. Wir
schaffen es ein paar Stufen aufwärts, aber mit jeder Sünde fällt man von der
Leiter und muss wieder von vorn beginnen. Christen brauchen keine Leiter, weil
sich Jesus für sie auf den Weg zur Erde gemacht hat. Christen haben Erlösung –
Moslems haben keine.»
Wie kommt es nun aber, dass sich von den vier Millionen Muslimen
in Deutschland vor allem die Iraner dem Christentum zuwenden, dieser Religion,
deren Gläubige vor Gott keine Angst zu haben brauchen? Nach Angaben der
Geistlichen hat dies etwas mit ihrem hohen Bildungsstand zu tun. Die meisten
persischen Einwanderer seien Akademiker und Geschäftsleute oder Studenten. In
den Augen der akademischen Oberschicht hat der Islam nach Angaben des einzigen
hauptamtlichen Perser-Seelsorgers der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
Pastor Hans-Jürgen Kutzner, jegliche moralische Integrität verloren.
Dies trifft auch auf die Elite im Iran selbst zu. In seinem
Gemeindebrief zitierte Pastor Martens «Schätzungen, ...dass bis zu 50
Prozent der jüngeren, gebildeten Bevölkerung im Iran dem Christentum zuneigen».
Dabei bezog er sich auf einen Bericht des Senders Deutschlandradio. Max
Klingberg von der IGFM hält dies zwar für übertrieben. Der amerikanische Pastor
Bachman gab hingegen zu bedenken, dass 17 Millionen der 79 Millionen Iraner sich
jeden Tag die Programme christlicher Satellitensender aus dem Ausland ansähen.
US-Baptistenpator Mark A. Bachman
tauft Perserin in Nürnberg
Könnte es nun sein, dass viele Iraner in Deutschland nur deshalb
konvertieren, weil sie meinen, dann schneller als Asylanten anerkannt zu
werden? Martens, Schwester Rosemarie und Pastor Bachman verwerfen diesen
Gedanken. Sie weisen darauf hin, dass die meisten Konvertiten so leichtfertig
nicht ihren hohen Lebensstandard in der Heimat gegen Armut in der Fremde
eingetauscht hätten. «So etwas macht man nicht aus materiellen Gründen», sagte
Schwester Rosemarie, «und ausserdem würden sich diese Perser dann nicht so
emsig auf ihre Taufe vorbereiten und so treu zum Gottesdienst kommen.»
Dazu Martens zornig in seinem Gemeindebrief: «Es ist... nicht
einfach, staatliche Stellen davon zu überzeugen, dass diese Christen aus dem
Iran es mit ihrem Glauben ernst meinen... Dies hat die groteske Konsequenz,
dass hier in Deutschland staatliche Gerichte mittlerweile zu
Religionsgerichtshöfen mutieren.»
Wie seine deutschen Amtsbrüder, versicherte der Amerikaner Bachman
darüber hinaus: «Ich habe allen meinen vormals muslimischen Taufanwärtern immer
klargemacht, dass ihre Bekehrung sie nicht automatisch davor schütze, von den
deutschen Behörden in den Iran zurückgeschickt zu werden.»
Doch zurück zu Bischof Schönes Bild vom lachenden Gott in
Deutschland: Es wird vielleicht am deutlichsten von der Genese der persischen
Erweckung in der Marienkirche bestätigt. Sie nahm ihren Anfang in Sachsen, der
Wiege der Reformation, wo Christen mittlerweile zu einer aussterbenden Art
reduziert sind. Vor zwölf Jahren führte die Trinitatis-Gemeinde der
Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Leipzig Deutschkurse für
Asylbewerber ein, zumeist persische Muslime. Als Textbuch für diese Kurse wurde
die Lutherbibel benutzt. Auf diese Weise lernten die Flüchtlinge nicht
nur die deutsche Sprache, sondern auch die Heilige Schrift der Christen kennen.
Bald baten mehrere Ausländer, getauft zu werden. «Inzwischen machen sie ein
Drittel unserer 150 Gemeindeglieder aus», sagt der Pfarrer der
lutherisch-freikirchlichen Trinitatis-Gemeinde, Markus Fischer.
Darunter sind Amin (Name geändert) und seine junge Familie. Amin,
ein Nachfahre Mohammeds, war in Teheran ein erfolgreicher Geschäftsmann, der
die ganze Welt bereiste, bis ein armenischer Freund ihn in die christliche
Lehre einführte. Zusammen mit seiner schwangeren Frau flüchtete Amin daraufhin
nach Europa. Sein Schicksal gleich dem des früheren Eigentümers eines Einkaufszentrums
in der iranischen Hauptstadt. Dieser Mann, nennen wir ihn Hamid, wurde bei
einer Razzia gegen eine Hauskirche festgenommen und gefoltert, ehe er sich nach
Deutschland absetzte.
In dieser Hauskirche, berichtete Hamid, habe er zu ersten Mal
gehört, wer Gott wirklich sei: «Ein liebender Vater, der eine persönliche
Beziehung zu jedem Menschen möchte.» Bisher hatte er sich Allah nach
islamischer Lehre als einen fernen, strafenden Gott vorgestellt. Zu Ostern
gehörte Hamid zu den Täuflingen in Martens’ Marienkirche in Berlin, wohin er
gezogen war, nachdem die deutschen Behörden seinen Asylantrag anerkannt hatten.
Andere Perser aus der Leipziger Trinitatiskirche zogen nach
Hamburg, Dresden und Düsseldorf, wo sie sich – wie Hamid in Berlin – örtlichen
Gemeinden der SELK anschlossen und sogleich mit grossem Erfolg unter
ihren Landsleuten zu missionieren begannen.
Unterdessen hat in Leipzig die Geschichte der Trinitatis-Kirche
auch gebürtige Deutsche neugierig gemacht. Und nun ist die kleine
Friedhofskapelle, in der sie ihre Gottesdienste feiert, für die wachsende
Gemeinde zu klein geworden, so dass sie neuerdings über einen Pachtvertrag für
ein grosses, unterbenutztes Gotteshaus der sächsischen Landeskirche verhandelt.
Thomas Schirrmacher hat seine
Freude an solchen guten Nachrichten, die einer Umkehr der radikalislamischen
Revolution des Jahres 1979 im Iran gleichkommt. Er sagt: «Ist es nicht
merkwürdig, dass sich der Revolutionsführer Ajatollah Chomeini als einer der
grössten christlichen Missionare unserer Zeit entpuppen könnte?»
Nicht, dass der Ayatollah ein Christ gewesen wäre; nein,
er war ein christlicher Missionar wider Willen. Nach einhelligen Aussagen
vieler Konvertiten waren es paradoxerweise der Fanatismus, die Exzesse, die
Brutalität, die Grausamkeit und Primitivität des von ihm gestifteten
islamischen Regimes, die unter der Elite dieses hochzivilisierten Volkes die
Sehnsucht nach einer geistlichen Alternative schürten. Diese Alternative finden
gebildete Perser jetzt im Christentum, und damit offenbart sich Gott wieder
einmal als der Grossmeister der Ironie.